"Ich aber werde dunkel sein..." Leben und Werk des Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792)

Am ersten April 1776 kam Lenz mit der Postkutsche aus Erfurt in Weimar an und nahm ein Zimmer im "Erbprinzen". Sein Freund Goethe kam erst drei Tage später von seiner Reise nach Leipzig zurück, führte Lenz aber sofort beim jungen Herzog, bei Wieland und bei der verehrten Frau von Stein ein und trug seinen Teil zur freundlichen Aufnahme Lenz' in Weimar bei. Sehr bald gehört Lenz zu den "Weltgeistern" des Herzogs. Lenz genießt die Anerkennung, das freundliche Verhältnis zum Herzog, zu Wieland, er taucht geradezu ein in ein ausgelassenes und fröhliches Leben. Er bewundert die Position, die sein Freund Goethe inzwischen am Weimarer Hof einnimmt und sehnt sich nach einer festen endgültigen Bindung an den Hof.

Am 25. Juni wird Goethe in das Geheime Staats-Concil aufgenommen. Schon vorher hatte der Herzog ihm einen Garten samt Haus geschenkt, und die Stadt Weimar ihn zum Bürger gemacht. Lenz dagegen war auf die gnädige Übernahme der Kosten seines Aufenthalts durch den Herzog angewiesen und dabei blieb es.

Zunehmend stellte er nun fest, daß er in Weimar nicht die nötige Ruhe zur poetischen Arbeit finden konnte. Im Sommer zog sich Lenz daher in die ruhige Einsamkeit des kleinen Städtchens Berka zurück, besuchte aber regelmäßig die Weimarer Freunde, zu denen vor allem Wieland gehörte. Es ist wohl auch ein Rückzug angesichts der Einbindung Goehtes in die Regierungstätigkeit, die diesen auch zeitlich sehr in Anspruch nahm. Das Verhältnis der beiden Freunde kühlt wohl ob der zunehmenden Differenzen in den Lebensauffassungen immer mehr ab. Goethe sieht Lenz als liebenswertes, aber "krankes Kind".

Im November kulminieren die latenten Spannungen zwischen Goethe und Lenz. Irgendein Vorfall, in Goethes Tagebuch heißt es kurz "Lenzens Eseley", bringt das Faß zum Überlaufen. Goethe reagiert hart und betreibt energisch Lenz' Ausweisung. In Weimar beginnt danach das Verwischen der Spuren. Insbesondere nach der schweren Krankeit, die durchaus Mitgefühl in Weimar findet, beginnt eine zunehmende Distanzierung zu dem gescheiterten Poeten. So erfüllt sich am Ende doch die selbstironische Befürchtung, die Lenz in seinem Placet geäußert hatte: Er wird nun doch "in das Geschütz geladen".
 
Placet.

Ein Kranich lahm, zugleich Poet,
Auf einem Bein Erlaubnis fleht,
Sein Häuptlein, dem der Witz geronnen,
An Eurer Durchlaucht aufzusonnen.
Es kämen doch von Erd und Meer
Itzt überall Zugvögel her.
Auch woll' er keiner Seele schaden
Und bäte sich nur aus zu Gnaden,
Ihn nicht in das Geschütz zu laden.
Lenz an Herzog Karl August, Anfang April 1776


... beim Herzog gewesen ... Sehr gnädig empfangen worden. - Was für große treffliche Leute kennengelernt...
Lenz an seine Mutter, 5. April 1776


Wieland Goethe und ich leben in einer seligen Gemeinschaft, erstere beide morgens in ihren Gärten, ich auf der Wiese wo die Soldaten exerzieren, nachmittags treffen wir uns oben beim Herzog, der mit einer auserlesenen Gesellschaft guter Leute an seinem Hofe die alle (so wie auch wir) eine besondere Art Kleidung tragen und er die Weltgeister nennt seine meisten und angenehmsten Abende zubringt. Goethe ist unser Hauptmann.

Ich werde wohl bald den gar zu reizenden Hof verlassen und in eine Einsiedelei hier herum gehen meine Arbeit zu Stande zu bringen, zu der ich hier nur Kräfte sammle.
Lenz an Johann Georg Zimmermann, Weimar, Ende Mai 1776


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